Samstag, 4. Juli 2015

8) Ferien?! Who the fuck is Ferien?!

Wenn man also so wie ich das Pech hat, ein Kind von nicht neureichen Eltern zu sein, mit Alimenten und Taschengeld auskommen muss, steht man mit einem kargen Budget da.
Familienbeihilfe und Studienbeihilfe (wenn man sie überhaupt bekommt) sind zwar ganz nett, aber eher ein Tropfen auf dem heißen Stein. 
Und selbst wenn man sich als braver Student sehr viel Mühe gibt günstig und billig zu leben, hat man doch eine Menge an fixen Ausgaben.
Das Leben besteht nicht nur aus Miete und Essen.

Da wären insgesamt:

Wohnung: Miete, Strom, Gas+Wasser, TV+Internet, Haushaltsversicherung, Möbel,...
Uni: Lernutensilien wie Bücher, Mappen, Collegeblocks, Exkursionen, Ausflüge,… und Studiengebühren die zu meiner Studienzeit abwechselnd eingeführt und abgeschafft wurden
Alltag: Essen, Kleidung, Alltagsgegenstände, Medikamente, diverse Fahrkartenmöglichkeiten der Wiener Linien und ÖBB, Handyrechnung,...

Dann kann es durchaus auch passieren, dass man ein oder zwei Hobbies hat, wenn man ganz böse ist. 


Man kauft Bücher um sich privat weiterzubilden, oder Utensilien die man fürs Hobby braucht. Seien das Bastelmaterialien, Malsachen, oder Stoffe, Waffen und Rüstungen für unseren Mittelalterverein, den wir gegründet haben.
Uns wird nicht fad.

Es kommt auch vor, dass man nach einer Abend-Vorlesung noch etwas mit seinen Kollegen trinken gehen möchte. Außerdem hat ständig jemand Geburtstag und lädt in Lokale, Bars oder Pubs ein. Das Börserl schnauft.
Ich habe gelernt, an einem Pint Cider über eine Stunde lang zu nuckeln, nur damit ich mir nicht noch ein oder zwei bestellen muss. Der Genuss von warmem, ausgerauchtem Cider hält sich bekanntlich in Grenzen.

Konzertbesuche, Kino, Frisör, mit dem Zug zur Oma ins Waldviertel oder zu den Schwiegereltern nach Südtirol fahren,... was man halt in seiner Freizeit für normal erachtet hatte, stellt plötzlich finanzielle Barrikaden dar.

Oder Haustiere. Ich habe gesagt bekommen, Katzenbilder erhöhen die Beliebtheit eines Blogs, also bitte: 



Letzten Herbst musste meine Kitty am Knie operiert werden und meine über den Sommer hart ersparten 2000€ waren plötzlich weg. 
Was aber auch weniger schmerzhaft war, als dieser Anblick:



Was macht man also, um sein Budget irgendwie aufzubessern? Man nimmt jeden Gelegenheits-Job an, den man finden kann. Man arbeitet neben der Uni, und wenn man Ferien hat, arbeitet man noch viel mehr.
Man vergisst wann Ferien anfangen oder aufhören.

Unter dem Studienjahr arbeitet man und geht auf die Uni. In den Ferien arbeitet man und geht arbeiten.


Im Grunde kann man nicht gescheit studieren weil man nebenbei arbeiten muss, und man kann nicht gescheit arbeiten, weil man nebenbei studieren muss.


Fixanstellung, geregelte Arbeitszeiten, geregeltes Gehalt, Routine, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld - alles Fremdwörter.
Man arbeitet, man kriegt das Geld, und man gibt es wieder aus.
Aber man lernt dazu, man lernt Leute kennen, und vielleicht erfährt man auch von unbekannten Talenten. 
Im schlimmsten Fall kann man nachher sagen: "Sowas mache ich nie wieder!"

Hier ein paar kleine Auszüge aus meinem Repertoire:

1) Nachhilfe geben.

Kann Spaß machen, wenn das Kind auch bereit ist, die Dinge aufzunehmen und zu lernen, die man ihm versucht beizubringen. Ich war eine Zeit lang Nachhilfelehrerin für einen zuckersüßen 13 jährigen türkischen Jungen, der fast nie ein Wort geredet hat. Ich musste sein Wissen also schriftlich und mit viel Kreativität aus ihm herauskitzeln, weil er offensichtlich zu schüchtern war mir zu sagen was er konnte, und wo er Probleme hatte. Wir erzielten einige Erfolge, und neben dem Lernen wurde ich von seiner Familie liebevoll mit türkischem Tee und Essen versorgt.
So gern ich den Bub und seine Familie hatte, sie konnten es sich leider nicht leisten mir für 2 Stunden Nachhilfe mehr als 15€ zu bezahlen. Irgendwann hat das leider nicht mehr meinen Aufwand und die Fahrt quer durch Wien entschädigt.

Ein anderes Beispiel ist ein von der Pubertät stark geprägter 13 Jähriger, dessen Lieblingswort "Penis" war. Diese Stunden waren zwar besser bezahlt, aber meine Nerven habe ich einige Male verloren, und die bekomme ich nicht wieder.

Eine wahrheitsgetreu wiedergegebene Szene:
Ich: Schau, hier ist eine Bildgeschichte. Erzähl mir, was du auf dem ersten Bild siehst.
Er: PENIS!
Ich (geduldig): Nein, ich sehe da keinen Penis. Was siehst du?
Er (kichert deppert): Du hast Penis gesagt, hihi!
Ich: Ja, der Penis ist das primäre männliche Geschlechtsorgan. Du hast auch einen. Sagst du mir jetzt bitte was da in der Bildgeschichte passiert?
Er lacht sich schlapp. Vermutlich weil ich in einem Satz sowohl Penis als auch Geschlechtsorgan gesagt habe.
Nach 10 min Diskussion haben wir endlich besprochen, was auf den Bildern der Bildgeschichte zu sehen ist, die er als Hausübung schreiben soll.
Ich: Na schau, geht doch. Jetzt musst du das einfach genau so aufschreiben, wie du es mir erzählt hast. Also, wie lautet der erste Satz?
Er grübelt und schreibt mit Füllfeder in sein Heft: Penis
Ich seufze und will ihm böse Dinge antun: Nein, nicht Penis. Nimm deinen Tintenkiller und lösch das weg, und dann schreib bitte den ersten Satz auf.
Er: Aber was war der erste Satz? Ich kann mich nicht erinnern!
Ich: Das, was auf dem ersten Bild ist. Du hast es mir doch gerade erzählt, also schreib es genau so auf, wie du es mir erzählt hast! Schau dir das Bild noch einmal an.
Er: Sag DUUU mir, was ich schreiben soll!!!
(...)

2) Aushilfe in einer Eventagentur

Das waren wirklich spannende Zeiten! Dort habe ich viele verschiedene Dinge gemacht und eine Menge Abwechslung erfahren.
Organisieren einer Messe in der Stadthalle:
Aussendungen an potenzielle Aussteller vorbereiten. Da gab es einen Stapel Flyer und einen Stapel Sticker, und auf jeden Flyer musste ein Sticker. Trotz dieser wenig intellektuellen Herausforderung hatten wir im Büro viel Spaß und haben uns gegenseitig unsere Lebensgeschichten erzählt.
Später musste jeder mit Sticker beklebte Flyer auch in ein Kuvert.
Dann mussten die Kuverts nach Postleitzahl sortiert und in Kisten gesteckt werden, damit die armen Menschen bei der Post nicht so viel Arbeit hatten.
Ein paar Wochen später habe ich bei allen potenziellen Ausstellern angerufen und nachgefragt, ob die Sendung ankam und ob Interesse an der Messe bestünde.
An den Tagen vor und nach der Messe habe ich beim Auf- und Abbau geholfen, während der Messe saß ich an der Ticket-Kassa, oder habe im Hintergrund die Goodie-Sackerl mit Goodies bestückt und ausgeteilt.

Zwischendurch habe ich bei diversen Abendveranstaltungen dieser Agentur auch Kassajobs gemacht. Vor allem bei 70er Jahre Clubbings, was immer recht witzig war. Und wenn der gröbste Besucheranstrom vorbei war, hatte ich sogar Zeit meine Hausübungen wie zum Beispiel Mittelbretonisch-Übersetzungen zu machen.

3.) Babysitten von Volkschülern

Diverse Bekannte von meinen Eltern haben sich immer wieder über meine Babysitting-Dienste gefreut. Und ich war immer auf dem Laufenden darüber, was 10 Jährige gerade total cool fanden. Ich konnte tiefschürfende Diskussionen über Pokemon führen, und habe mit ihnen bei Tee und Keksen "Das Haus Anubis" im Fernsehen angesehen. Ich war auf Spielplätzen das größte Kind und die verrückteste Begleitperson. Ich habe Bilder von Comicfiguren gezeichnet, die dann stolz in den Kinderzimmern an die Wand gepinnt wurden. Ich hab die Kiddies in ihre Betten gebracht und ihnen zum Einschlafen noch Geschichten über meine Meerschweinchen erzählt. Wenn sie brav geschlafen haben, habe ich Krimis im Fernsehen angeschaut und mich unglaublich erwachsen gefühlt.

4) Aushilfe in einem Privatspital

Das war immer die Zeit, in der ich sowohl intellektuell gefordert (manchmal auch überfordert) wurde, als auch ein gutes Gehalt bekommen habe. Leider immer nur für 3 Monate oder so.
Ich war Rezeptionistin für die Ärzte, die sich an bestimmten Tagen in freistehenden Ordinationen im Spital einmieteten. Habe Post ausgeteilt, Termine vereinbart, neue Patientendaten aufgenommen, und so weiter.
Ich war auch schon zweimal kurzfristig Stationssekretärin, wo ich plötzlich mit Null Ahnung vom Gesundheitswesen den ganzen Schwestern und Ärzten auf der Station eine Hilfe hätte sein sollen. Ist mir beim zweiten Mal besser gelungen als beim ersten Versuch. Aber wenn man nach manchen 5-Stunden Arbeitstagen im Spital zu Hause erst einmal 3 Stunden schlafen muss, weiß man, dass man was getan hat.

Man wird mit solchen Jobs zwar nicht reich an Geld, aber dafür reich an Erfahrungen. 

Am Ende des Monats wünscht man sich aber leider doch irgendwie mehr Geld als Erfahrung.


Besonders gute Freundinnen geben einem dann plötzlich den Rat:
"Weißt du, du solltest zu studieren aufhören und lieber arbeiten gehen. Weil du kannst nicht die ganze Zeit mit einem Minus am Konto leben und dich darauf ausreden, dass dein Vater keine Alimente zahlt. Studieren kannst du später immer noch."

Im Nachhinein betrachtet bin ich durchaus froh - und stolz - dass ich diesen Rat nicht befolgt habe. Irgendwie hat sich ja doch alles geregelt.

Seit 2011 bin ich nebenbei auch Nageldesignerin und habe dadurch einen ziemlich sicheren Job, eine Teilzeit-Anstellung, geregelte Arbeitszeiten und schöne Zuckerl wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Jetzt haben wieder einmal die Ferien begonnen, und für mich sind es die ersten Ferien, die WIRKLICH KEINE mehr sind.

Es ist einfach nur SOMMER :D

Shrew you!


Erzblume.

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