Sonntag, 5. April 2015

3) Die blutigen Anfänge

Oktober 2007:


Keltologie!
Da lerne ich Sprachen, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt! Das klingt witzig, da geh ich hin! … Zumindest so lange, bis ich wieder zu den Aufnahmeprüfungen gehen kann um BE- und Werklehrerin zu werden.

Nach der Inskribierung und einer kleinen Infostunde bei der Studienrichtungsvertretung, die mich mit wichtigen Infos versorgt hat, ging ich also in die erste Vorlesung, vermutlich "Einführung in die Keltologie".

Ich weiß es noch ganz genau, ich habe mich neben einen langhaarigen und bärtigen Typen gesetzt, der eine Karomütze mit rotem Bommel aufhatte. Sehr sympathisch, dachte ich, so sieht ein echter Keltologe aus! (Von ihm werdet ihr später auch noch öfter lesen.) Vor mir saß eine Dame mit knallroten Locken, welche ich andächtig bewundert habe. Der ganze Hörsaal war voll mit Leuten, die ich auf Anhieb nett gefunden habe. Ein Haufen voller Individualisten, Metal-Fans und superlieben Freaks. 

Im sogenannten Erstsemestrigen-Tutorium stellte sich dann heraus, dass wir nur zu siebt waren. Der nette junge Mann mit der karierten Bommelmütze war auch dabei. Unser Semester bildete also eine kleine Clique, in der man die Vorlesungen besuchte, bei Gruppenarbeiten zusammenarbeitete und die ersten Referate machte.

Die Themen, die besprochen wurden, die Dinge die ich gelernt habe, und die Leute, die ich kennenlernen durfte haben mir so gut gefallen, dass ich relativ schnell beschlossen habe, nicht noch einmal zu den "schnöseligen Künstlern" zu gehen um einen Studienplatz zu erbetteln.
Hier war ich richtig, hier haben mich alle akzeptiert und gemocht, hier waren meine Seelenverwandten. Hier musste ich niemandem beweisen, dass ich des Studiums würdig war, oder langweilige Vorgaben befolgen, um als gut befunden zu werden, wie zum Beispiel:
"Zeichnen Sie doch bitte Bleistiftzeichnungen von Türschnallen, Wassergläsern oder Gabeln."
Die impressionistische, gotische Kathedrale in Tempera auf 50x70cm war anscheinend nicht interessant genug.



Zu Beginn des Studiums waren die meistgestellten Fragen seitens der Dozenten:
  • Warum hast du dich für Keltologie entschieden?
  • Was weißt du denn über die Kelten, oder was glaubst du zu wissen? Kurz: "Wer waren die Kelten?"


Ich selber konnte beide Fragen eigentlich nie zufriedenstellend beantworten. Ich hab begonnen zu studieren, weil sie mich wo anders nicht wollten. Und ich hab eigentlich keine Ahnung wer oder was die Kelten waren.
Denn: Der Geschichte-Unterricht, den ich im Gymnasium erleben durfte, kann getrost als "inexistent" beschrieben werden. Wir haben darüber diskutiert, ob man den Duschvorhang am Besten in die Badewanne hängt oder doch draußen lässt.Wir haben mit Papierfliegern geschossen. Ich habe gelernt, dass die richtige Antwort auf die Frage "Wer?" - "Colbert!" ist. Aber ich weiß bis heute nicht, wer Colbert eigentlich war, oder was er getan hat. Und sein Name ist 100%ig die falsche Antwort darauf, wer die Kelten waren!

Der Querschnitt an Motivation und Wissen über die Kelten zu Beginn des Studiums von mir (und vermutlich einigen anderen) lässt sich also folgendermaßen zusammenfassen: 
  • Asterix und Obelix
  • Braveheart
  • King Arthur / König Artus
  • Die Nebel von Avalon
  • Wer Latein in der Schule hatte (also nicht ich), wusste vielleicht etwas aus Caesar's "Commentarii de bello Gallico" (was übrigens nicht Kommentare über den "schönen Gallier" heißt, sondern über "den gallischen Krieg". Kleiner Unterschied. Hamma wieder was gelernt.)
  • Wer mit der Schule im Salzbergwerk in Hallstatt war, hat vermutlich auch ein bisschen etwas über Kelten erzählt bekommen.


Zusätzlich zu den Standard Informationen, die man also geistig in der Schule, oder mittels populären Büchern/Filmen gesammelt hatte, kam noch die esoterische Grundausstattung dazu, die einem im Alltag so begegnet. Dank einer Lehrveranstaltung namens "Keltische Irrtümer" wurden jedoch alle pseudowissenschaftlichen und/oder esoterischen Wissensbrocken zerschlagen und man konnte sich mit einer "tabula rasa" ins Geschehen stürzen und Wissen aufnehmen wie ein trockener Schwamm.

Und dann hört man im Verlauf des ersten Semesters plötzlich vermehrt den Satz:

"Die Kelten gab es nie!"

Shrew you!

Erzblume.

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